September 26, 2023

Warum Ostdeutsche so selten in Topjobs landen

Der Beauftragte für Ostdeutschland, Carsten Schneider, hat sich zur Aufgabe gemacht, die Förderung ostdeutscher Eliten voranzutreiben, doch bisher verlief dieser Einsatz eher enttäuschend. Deshalb plant er demnächst, Boris Pistorius anzurufen, um weitere Schritte zu unternehmen.

Die aktuellen Zahlen sind ernüchternd: Obwohl fast 20 Prozent der deutschen Bevölkerung aus dem Osten stammen, sind nur 12,2 Prozent der Führungspositionen im Land mit Ostdeutschen besetzt. Es gab einige leichte Verbesserungen in Bereichen wie den Medien, der Verwaltung, der Wissenschaft und der Justiz im Vergleich zu 2018. Allerdings ist der Anteil ostdeutscher Führungskräfte in Wirtschaft und Kultur sogar zurückgegangen.

Carsten Schneider, ein Mitglied der SPD und Beauftragter für Ostdeutschland in der Bundesregierung, betrachtet dies zwar als leicht positive Tendenz, doch er zögert, von einem echten Trend zu sprechen. Schneider hat die Unterrepräsentation ostdeutscher Eliten zu einem Schlüsselthema seiner Amtszeit gemacht und erreicht, dass die Bundesregierung selbst erfasst, wie viele Ostdeutsche in ihren Führungsebenen arbeiten. Aktuell sind 14,3 Prozent der Staatssekretäre, Abteilungs- und Referatsleiter Ostdeutsche, ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Der Ostbeauftragte hat jedoch noch eine Hürde zu nehmen: Verteidigungsminister Boris Pistorius. In der Führungsebene des Militärs gibt es immer noch keinen einzigen Ostdeutschen, was auf die langfristigen Auswirkungen des Austauschs des Führungspersonals der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) zurückzuführen ist.

Professor Astrid Lorenz, geboren in Rostock und Leiterin des “Elitenmonitors” der Universität Leipzig, erklärt, dass es nicht darum gehe, einfach nur Ostdeutsche in Führungspositionen zu drängen, sondern vielmehr um Chancengleichheit. Die Unterrepräsentation ostdeutscher Eliten wird in Ost- (67 Prozent) und Westdeutschland (63 Prozent) gleichermaßen wahrgenommen und negativ bewertet. Dies trägt zum Gefühl kollektiver Benachteiligung im Osten bei.

Lorenz hat fünf Gründe identifiziert, warum Ostdeutsche seltener in Führungspositionen vertreten sind:

  • 1 Die langfristigen Auswirkungen des DDR-Systems und der Elitenaustausch im Osten.
  • 2 Ostdeutsche studieren immer noch seltener als Westdeutsche, und eine Hochschulbildung ist oft Voraussetzung für Führungspositionen.
  • 3 Ostdeutsche verfügen oft über geringere Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere in einem Alter, in dem Karrieren üblicherweise ihren Höhepunkt erreichen.
  • 4 Es mangelt an speziellen Förderprogrammen für ostdeutsche Studierende, und viele erkennen nicht die Relevanz von Stipendien.
  • 5 Das Elitenverständnis in Ostdeutschland unterscheidet sich von dem in Westdeutschland, was den Aufstieg weniger attraktiv erscheinen lässt.

Lorenz betont die Bedeutung von Vorbildern in der Öffentlichkeit und fordert eine systematischere Erfassung der Herkunft von Stipendiaten in Bildungsförderwerken. Trotzdem bleibt festzustellen, dass der Generationswechsel in den Führungspositionen bisher nicht ausreichend stattgefunden hat, da Ostdeutsche in den letzten fünf Jahren nur zu 8,1 Prozent diese Positionen neu besetzt haben. Schneider ermutigt dazu, diese Chancen zu ergreifen und den Willen zur Veränderung zu zeigen.

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